Erster Selbsttest
Viele Betroffene merken erst zu spät, dass Sehnerven bereits geschädigt sind. Besonders beim Grünen Star (Glaukom) ist es extrem wichtig, so früh wie möglich zu therapieren. Geschädigte Sehnerven können nicht repariert oder ersetzt werden.
Unser Gehirn ist so leistungsfähig, dass es die fehlenden Puzzleteile, die mit dem erkrankten Auge nicht mehr erkannt werden, mit denen der im gesunden Auge wahrgenommenen Teile ergänzt. Dementsprechend wird der Grüne Star in seinem Anfangsstadium häufig zu spät erkannt.
Regelmäßig – mindestens alle zwei Jahre, bei familiärer Vorbelastung und bei Kurzsichtigkeit einmal im Jahr – den Augendruck bei Ihrem Augenarzt messen lassen.
Der schnelle Selbsttest: Halten Sie ein Auge mit der Hand oder mit einem Blatt Papier zu und registrieren Sie, was Sie mit dem einem Auge sehen. Dann decken Sie das andere Auge ab und vergleichen. Sehen Sie mit beiden Augen alles gleich, jedes Detail oder vermissen Sie etwas? Und sei es nur eine Kleinigkeit, wenden Sie sich an Ihren Augenarzt – außerhalb Ihres geplanten Besuchs. Einmal zuviel ist besser als einmal zu wenig.
Ein auf diese Weise durchgeführter einäugiger Schnelltest ist allerdings bestenfalls dafür geeignet einen fortgeschrittenen Funktionsausfall des Sehnerven zu erkennen und ersetzt nicht die rechtzeitige und regelmäßige augenfachärztliche Untersuchung.
Geschädigte Sehnerven sind irreparabel.
Behalten Sie Ihre Sehkraft bis ins hohe Alter.
Das Krankheitsbild
Beim Grünen Star handelt es sich um eine Gruppe von Erkrankungen, die zu einer fortschreitenden Sehnervschädigung bis hin zur Erblindung führen können.
Anders als früher geht man heute von einer Erkrankung des Sehnerven durch mehrere Faktoren aus. Neben dem Augeninnendruck als weiterhin wichtigem Risikofaktor weiß man heute um vaskuläre Risikofaktoren und neuroprotektive Ansätze. Das Glaukom ist eine Krankheit des Sehnervs. Der Sehnerv überträgt die Bilder, die wir sehen, zum Gehirn. Ein wichtiger Faktor ist neben der Durchblutung des Sehnerven ein erhöhter Augeninnendruck. Normalerweise ist der Augeninnendruck 11-20 mmHg. Je höher der Augendruck, desto größer die Gefahr, dass der Sehnerv geschädigt wird.
Der Sehnerv gleicht einem elektrischen Kabel, das eine riesige Anzahl von Drähten enthält. Das Glaukom kann Nervenfasern schädigen, und das führt zu Gesichtsfelddefekten. Gesichtsfeldausfälle beim Glaukom stellen also nicht den Anfang der Erkrankung sondern den Anfang vom Ende dar.
Vielfach bemerken Patienten diese Gesichtsfeldeinschränkungen nicht, bis der Sehnerv schon stark geschädigt ist. Wenn der ganze Nerv zerstört ist, ist die Folge Blindheit. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung durch Ihren Augenfacharzt sind die beiden wesentlichen Faktoren, eine Schädigung des Sehnervs und durch das Glaukom verursachte Blindheit zu verhindern.
So muss sich die augenärztliche Diagnosestellung neben der Prüfung des Augeninnendrucks auch auf die Berücksichtigung der anderen Faktoren und die Beurteilung des Sehnerven stützen. Untersuchungen haben ergeben, dass die Zahl der Erkrankten in der zweiten Lebenshälfte auf bis zu 5 bis 10 Prozent jenseits des 65. Lebensjahres ansteigt.
gesundes Auge
geschädigter Sehnerv
Wodurch wird ein Glaukom verursacht?
Eine klare Flüssigkeit, genannt Kammerwasser, wird vom Strahlenkörper (Ziliarkörper) gebildet und über den Kammerwinkel (Trabekelwerk) aus dem Auge herausgefiltert. Diese Flüssigkeit ist nicht Teil der Tränen auf der äußeren Oberfläche des Auges. Man kann sich den Kammerwasserfluss im Auge wie ein Waschbecken vorstellen, bei dem der Wasserhahn immer angestellt ist.
Wenn das „Abflussrohr“ verstopft wird, sammelt sich Wasser im Waschbecken es würde überlaufen. Im Auge führt ein verstopfter Abfluss in einem geschlossenen System zur Erhöhung des Augeninnendrucks. Wenn der Abfluss des Auges, d.h. der Kammerwinkel (Trabekelwerk), blockiert ist, kann sich der Flüssigkeitsdruck im inneren Auge unter Umständen so verstärken, dass der Augendruck auf Werte über 30 mmHg steigt und der Sehnerv geschädigt werden kann.
Das Kammerwasser wird im Zililarkörper gebildet, strömt von der hinteren Augenkammer durch die Pupille in die vordere Augenkammer und fließt im Kammerwinkel ab. Es liefert die Nährstoffe für Hornhaut und Linse.
Grüner Star – Arten
Chronisches Offenwinkelglaukom
Das primär chronische Offenwinkelglaukom ist die häufigste Art Glaukom und eine Alterserscheinung. Das „Abflußrohr“ oder der Kammerwinkel (Trabekelwerk) des Auges wird mit der Zeit weniger leistungsfähig und der Druck im Auge wird allmählich stärker (21-35 mmHg). Wenn dieser verstärkte Druck eine Schädigung des Sehnervs zur Folge hat, nennt man das ein chronisches Offenwinkelglaukom. Ein Großteil der erwachsenen Glaukompatienten haben diese Art Glaukom. Das primär chronische Offenwinkelglaukom kann das Gesichtsfeld einengen und die Sehkraft so allmählich und schmerzlos schädigen, dass der Patient sich keiner Probleme bewusst ist, bis der Sehnerv stark geschädigt ist.
Normaldruckglaukom
Bei dieser Glaukomform ist der Augeninnendruck im normalen Bereich unter 21mmHg. Die Ursache dieser Glaukomform ist noch unklar. Man vermutet, dass Durchblutungsstörungen im Bereich der Netzhaut und des Sehnerven ursächlich beteiligt sind. Ähnlich zum chronischen Offenwinkelglaukom kann das Normaldruckglaukom das Gesichtsfeld einengen und die Sehkraft allmählich und schmerzlos schädigen, ohne dass erhöhte Augeninnendruckwerte jemals gemessen werden.
Winkelblockglaukom
Manchmal wird der Kammerwinkel (Trabekelwerk) des Auges vollständig verstopft. Dabei ist es so, als ob ein Blatt Papier, das in der Nähe eines Abflußrohrs herumschwimmt, sich plötzlich vor die Öffnung legt und den Abfluss aus dem Waschbecken blockiert. Die Iris oder Regenbogenhaut kann im Auge wie ein Blatt Papier fungieren, das den Kammerwinkel (Trabekelwerk) verschließt. Wenn sich der Augendruck rapide verstärkt, nennt man das ein akutes Winkelblockglaukom. Die Augeninnendruckwerte können auf bis über 45 mmHg ansteigen. Die Symptome sind u.a.:
- Schleier vor den Augen
- starke Augenschmerzen
- Kopfschmerzen
- Regenbogen-Halos um Lampen herum
- Übelkeit und Erbrechen
Risikogruppe
Da das Erkrankungsrisiko ab dem 40. Lebensjahr ansteigt sollten dann regelmäßige augenärztliche Untersuchungen erfolgen. Im besonderen sollten augenärztliche Untersuchungen bereits früher erfolgen, wenn folgende Risikofaktoren vorliegen:
- positive Familienanamnese
- Myopie
- Diabetes mellitus
- Herz-, Kreislauferkrankungen
- Kortisoneinnahme
- Vorliegen bestimmter anderer Augenerkrankungen
- Schilddrüsenerkrankungen
Früherkennung
Der Früherkennung kommt heute besondere Bedeutung zu, da man weiß, dass die Erkrankung in frühen Stadien besser auf die jeweilige Behandlung anspricht. Da das Glaukom im frühen Stadium in der Regel schmerzfrei und ohne erkennbare Sehschärfenminderung beginnt, sind regelmäßige augenärztliche Untersuchungen die einzige Möglichkeit zur Klärung des jeweiligen Sehnervenzustandes.
Die Diagnostik sollte im Bedarfsfall mehrere Untersuchungen beinhalten:
- Messung des Augeninnendrucks( je nach Hornhautdicke auch der jeweilige Korrekturwert)
- Untersuchung des Kammerwinkels
- Untersuchung des Sehnervenkopfes mit dem Ophthalmoskop
- Begutachtung des Sehnervenkopfes mit dem HRT oder OCT als Frühschädigungserkennung und Verlaufskontrolle
- Begutachtung des Sehnervens und der perineuronalen Zone mit dem OCT Cirrus 5000 zur exakten Progredienzbeurteilung
- ggf. Beurteilung des Gesichtsfeldes (bei schon manifestem Funktionsausfall)
Die Behandlung
Anders als beim Grauen Star gibt es bei dieser Gruppe verschiedenen Formen des Grünen Stars abgestimmt nach der jeweiligen Art, Ursache und Stadium der Erkrankung verschiedene Therapieansätze. Ziel jeglicher Behandlung ist es einen optimalen Schutz des Sehnerven vor fortschreitendem Schwund von Nervengewebe zu erreichen. In aller Regel ist dabei die optimierte Einstellung des im Auge wirksamen Augeninnendrucks je nach Stadium der Erkrankung das primäre Behandlungsziel.
Medikamentöse Behandlung
Je nach Glaukomform stehen eine ganze Vielzahl von Therapeutika zur Verfügung die in der Regel nach Behandlungsplan des Augenarztes meist als Augentropfen zum Einsatz kommen. Die Drucksenkung kommt hier durch den medikamentösen Einfluss auf den Zufluss und/oder Abfluss des Kammerwassers zu Stande. Eine regelmäßige Kontrolle der erreichten Drucksenkung und Verträglichkeit ist unbedingt erforderlich.
Operative Therapieformen
Lasertherapie des Kammerwinkels
Um eine nicht ausreichende Drucksenkung zu verstärken kommen hier verschiedene Lasergeräte zum Einsatz. Durch ihre jeweilige Wirkung auf das Trabekelwerk des Kammerwinkels wird hier der Abfluss des Kammerwassers verbessert.
Laseriridotomie der peripheren Iris
Bei Glaukomen mit engem Kammerwinkel wird ein kleines Loch im Bereich der peripheren Iris erzeugt um einen Bypass des Flüssigkeitsstromes des Kammerwassers zu erreichen. Dies wird bei besonderer Gefahr von akuten Druckanstiegen mit bedrohender Erblindung angewendet.
Operation
Minimalvasive Glaukum-Chirurgie (MIGS)
iStent inject®, XEN® Stent
Bei der Behandlung von Glaukompatienten stehen in der Augenheilkunde heutzutage diverse minimal invasive Techniken in der operativen Versorgung der Patienten zur Verfügung. Je nach Glaukomform und Stadium führen wir folgende MIGS Verfahren (minimalinvasive glaukom-chirurgische Verfahren) durch.
1.) iStent inject®
Hier handelt es sich um das kleinste Augenimplantat, das über einen kleinen 1.6 mm Schnitt auf der Schläfenseite der Hornhaut unter Navigation des Gonioskops in den Winkel zwischen Regenbogenhaut und Hornhaut des Patienten in das Trabekelmaschenwerk eingebracht wird.
Hier liegt der bei Glaukomerkrankungen oft wesentliche Abflusswiderstand beim Abfluss des Kammerwassers und damit der Grund zur Augeninnendruckerhöhung. Es handelt sich hierbei also um einen trabekulären Stent.
Über die Einbringung von zwei iStent inject® erreicht man sozusagen einen Bypass zum normalen Abfluss und damit eine gute additive Drucksenkung in der Glaukombehandlung. Diese Methode lässt sich sowohl als eigenständiger Eingriff, als auch im Rahmen einer Grauen Star Operation zusätzlich durchführen.
2.) Filtrierender Eingriff mit XEN® Stent
Hier wird ab interno (von innen) mitttels eines sehr kleinen Schnittes von 1.5 mm im Bereich der klaren Hornhaut schläfenseitig unten ein weiches Mini-Implantat in den vorderen Augenbereich eingebracht und unter der Navigation eines Gonioskops in den Bereich des Trabekelwerkes eingeführt, um dann von dort in den Subkonjunktivalraum vorgeschoben zu werden. Dies führt sehr elegant zur Ableitung der im Auge gebildeten Flüssigkeit (Kammerwasser) in den Subkonjuktivalraum (Raum unter der Bindehaut).
Hierdurch wird der Augeninnendruck dauerhaft tief und ohne Tagesdruckschwankungen gesenkt. Durch die kleine standardisierte Lumenöffnung des Implantatschläuchleins von 45 µ (Mikrometer) kommt es dabei nicht wie bei der klassischen Methode zum Risiko der zu starken Senkung des Augeninnendrucks, da ein standardisierter Abflusswiderstand vorgegeben ist.
Damit Vernarbungen vorgebeugt werden kommen wie bei der klassischen filtrierenden Operation Antimetaboliten (MMC) zum Einsatz. Da es sich um einen intaokularen Eingriff handelt, sind alle üblichen Vorsichtsmaßnahmen zur Prophylaxe einer Infektion einzuhalten.
Filtrierender Eingriff
Wenn eine Operation zur Bekämpfung des Glaukoms nötig ist, benutzt Ihr Augenarzt Miniatur-Instrumente, um einen neuen Abflusskanal für die Kammerwasserflüssigkeit aus dem Auge zu schaffen. Der neue Abflusskanal hilft, den Augendruck zu verringern.
Hierzu wird ein Bindehautareal über dem Kammerwinkelbereich zunächst so präpariert, dass es später als Sickerkissen fungiert. Danach wird eine dünne Lamelle in der Lederhaut erzeugt um schließlich ein darunter liegendes Stückchen Trabekelwerk zu entfernen. Anschließend wird die Lederhautlamelle wieder angenäht und die Bindehaut wieder verschlossen. So wird eine funktionierende Filteröffnung für die Kammerwinkelflüssigkeit aus dem Inneren des Auges unter die Bindehaut erzeugt.
Ernste Komplikationen sind bei modernen Glaukom Operationen selten. Es können jedoch wie bei allen Operationen auch hier Komplikationen auftreten.
Eine Operation ist nur dann zu empfehlen, wenn Ihr Augenarzt es für besser hält zu operieren, anstatt eine weitere Schädigung des Sehnervs zu riskieren.